Teil 1
Ein abgelegener Winkel des Universums.
Seit Jahrtausenden beleuchtet das Zentralgestirn den ewigen Reigen der in einem weiten Orbit um den Planeten schwebenden Asteroiden. Ein Totentanz, denn tief im Inneren eines Planetoiden des Gesteinsringes lebt der Tod.
Dennoch ist nicht jeder gewillt die Sperrzone zu beachten, die das caldarische Imperium für die alte Bergbaustation im System Taisy ausgewiesen hat ...
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Behutsam füllte Dr. van Doren die lichtblaue Flüssigkeit von einem kleinen Reagenzglas in ein größeres um. Die Bewegungen der Instrumente wirkten leicht ungeschickt und eckig, da die Arbeiten in einem Siegelbehälter durchgeführt wurden, in die Dr. van Doren mittels Innenhandschuhen hineingriff.
Er befand sich allein in einem Hochsicherheits-Biolabor. Der kleine Raum, selbst wiederum in einem Sicherheitslabor untergebracht, bot auch keinen Platz für eine weitere Person. Seine beiden Assistenten beobachteten deshalb das Umfüllen der Nährlösung durch Panzerplastscheiben von außen.
Alle drei trugen Vollschutzanzüge mit autarker Sauerstoffversorgung.
"In dieser Lösung werden die Sporen ihren Schlafzustand aufgeben," sagte Dr. van Doren in das Helmmikrophon.
"Und wie lange wird das Ihrer Schätzung nach dauern?"
"Die Versuchreihen weisen einen Zeitraum von 28 - 32 Stunden auf. Danach etwa 2 Tage antrocknen der Zuchtgläser. Anschließend können wir die Sporen isolieren und als Trockenstaub in Kleinstzerstäuber einfüllen."
Die Assistenten debattierten kurz miteinander. Dann fragte einer:
"Und wie wollen sie eine Ausbreitung dieser Pest verhindern?"
Dr. van Doren legte den geleerten Glasbehälter beiseite. Er versicherte sich, dass er den tödlichen Cocktail sicher in der linken Hand hielt und blickte auf. Seine unangenehm hellen Augen fixierten den Sprecher:
"Durch einen Mittelsmann kennen wir die Flugpläne der X-Trader. Wir greifen an einem Tag an, wo sich fast alle ihre Schiffe im Raum befinden. Je Schiff brauchen wir nur einen Aerosolbehälter."
Er wendete sich wieder dem versiegelten Behälter zu. Mit der Greifklaue des rechten Eingreifhandschuhs nahm er einen Verschlusskorken schob ihn auf das Reagenzglas mit der tödlichen Flüssigkeit.
"Die Händler werden an diesem Tag als Gefälligkeit ein Expresspäckchen für den Stationskommandanten befördern, die Bergleute eine streng geheime Erzprobe, bei den Kampfpiloten wird vermutlich ein ´Waffeninspektor´ vorbeischauen oder so was ähnliches."
Sorgfältig stellte er das Reagenzglas in einen Standfuß und lehnte sich zurück.
"Die Abblasvorrichtungen werden dann über Militärzünder mit gebundenen Ionenpaaren überall gleichzeitig aktiviert. Die letale Wirkung tritt binnen weniger Minuten ein - und ein Gegenmittel gibt es nicht."
Dr. van Doren lächelte zynisch.
"Die X-Trader werden eine Menge Spaß haben."
Einer der Assistenten meldete sich noch einmal zu Wort:
"Und wenn ein Schiff doch nicht startet?"
Dr. van Doren legte den Kopf etwas zur Seite und betrachtete seine Waffe. Seinen Gedanken nachhängend murmelte er:
"Unwichtig. Dann gibt es ein paar Tote mehr und eine Stationen weniger. Wen interessiert das?!"
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"Zunächst die Ergebnisse unserer Aufklärungsabteilung.
1. Nachdem im Kortikalimplantat des Attentäters gegen das VEXOR-Dock das Wort KYONOKE gefunden wurde, hat Obstel Kontakt zur caldarischen Navy und CONCORD aufgenommen. Die Navy hat uns die Auswertungen ihrer automatischen Überwachungsstation im System Taisy zur Verfügung gestellt. Außer ein paar unbedeutenden Unregelmäßigkeiten im Bereich um Kyonoke Pit, die vor unserer Untersuchung als Streuechos querlaufender Kleinasteroiden eingestuft worden waren, wurde nichts besonderes festgestellt.
2. Da "Unregelmäßigkeiten" in diesem Falle Alarmstufe 1 bedeuten, wurde die Überwachungsstation von Experten der CONCORD überprüft. Und sie wurden fündig, meine Damen und Herren: die Elektronik der Station ist manipuliert worden. Bei Annäherung an Kyonoke Pit wird in der Empfangssensorik des Hauptradars der Vorverstärker exakt so lange aus getastet, dass ein ca. 100km breiter Korridor entsteht, aus dem keine Signalechos aufgenommen werden.
3. Das DED hat den zuständigen Techniker identifiziert - er war unter falscher Identität gemeldet und ein hochrangiges Mitglied der Forschungsabteilung der m3g4-Corporation."
JohnBe hielt inne und sah in die Runde der versammelten Direktoren. Heute waren mehr Personen als üblich anwesend, da er auch alle Stellvertreter zur Konferenz gebeten hatte.
"Wir mussten leider feststellen, dass im Bereich Kyonoke Pit Kreuzer und Fregatten zusammengezogen werden. Und nun die unangenehme Nachricht, die CONCORD bewogen hat, uns die Erlaubnis zum Eingreifen zu geben:
Eines der Schiffe ist zweifelsfrei ein vor zwei Jahren verschollener Blockadebrecher. Dieses Schiff und die kleine Flotte liegen neben einem verlassenen - ich verbessere - angeblich verlassenem Forschungs-Asteroiden. Dort wurde 2 Jahre lang vergeblich nach einem Gegenmittel für die Kyonoke-Seuche gesucht."
Ein Raunen ging durch den Saal.
"Ja, sie haben richtig gehört: die Kyonoke-Seuche. Und Geheim-Aktivitäten der m3g4-Corporation in einem Labor zur Erforschung einer Seuche mit 100% Letalrate im Zusammenhang mit den Anschlägen auf die X-Trading Corporation lassen nur einen Schluss zu:
Man will die Seuche als biologische Waffe gezielt einsetzen. Selbst bei theoretisch denkbaren Isolationsangriffen auf fliegende Raumschiffe eine grauenhafte Vorstellung, die einen Präventivschlag rechtfertigt.
RogerB, bitte."
JohnBe setzte sich und RogerB, Leiter der DEFENCE-Abteilung übernahm das Wort.
"Ich habe als militärischer Leiter der Corporation bei der Navy und CONCORD darauf gedrungen, dass wir selbst diesen Präventivschlag ausführen können und die anderen das Einsatzgebiet abriegeln. Dazu fehlen uns nämlich die Schlachtschiffe mit entsprechenden Fernwaffen. Wenn wir die Raumüberlegenheit haben, wird ein Mannschaftstransporter der Navy landen und eine Kompanie Marines absetzen. Die Caldari wollen das Labor selbst untersuchen und endgültig schließen.
Wir werden wie folgt vorgehen ... "
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Der Drill-Sergeant beugte sich vor:
"Lanski - hat du das auch wirklich verstanden? Ein kleines Leck in deinem Anzug und die Sporen werden über die Lunge in dein winziges Gehirn eindringen. Sie werden todunglücklich sein über den Rotz, den sie da finden. Aber ... "
Der Sergeant trat auf einen anderen Soldaten zu:
"Aber dann, Private, dann werden Sie dir auf die Grütze pinkeln und du wirst dir wünschen, nicht geboren worden zu sein, denn du wirst vor Schmerzen schreien ..."
Ein Schritt zum nächsten Soldaten:
"... ja, laut nach Mama und Papa schreien! Aber mach´ dir keine Gedanken Soldat..."
Der Sergeant musste aufsehen, der nächste Soldat war größer, als er selbst:
"... nein, Alberich, auch du brauchst dir dann keine Gedanken mehr zu machen. Weil ... du wirst nicht lange herumjaulen können ... denn ..."
Der Sergeant drehte sich um, legte die Hände hinter dem Rücken zusammen und machte drei Schritte vor die Front des angetretenen Zuges.
Ruckartig drehte er sich um und brüllte:
"Denn ... binnen weniger als einer Minute wird euer jämmerliches Nervensystem zusammenbrechen.
Lunge tot - Herz tot - mausetot. Und tote Marines kann ich nicht ausstehen, ihr Nichtsnutze!"
Ein kurzer Blick die Front entlang.
Noch einmal holte der Sergeant tief Luft:
"Solltet ihr euch erdreisten mitten im Einsatz abzuka... seht zu, wer euren Ar... da wieder rausholt!
Ich - sicherlich - nicht!
Habt Ihr Spatzenhirne das begriffen!?"
Laut hallte ein "Sir! Yes, Sir!" über den Antreteplatz.
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Um die Konstellation Mito legte sich nur 48 Stunden später ein stählerner Ring. Das DED und die caldarische Navy hatten Spezialeinheiten alarmiert. Zusammen mit der X-Trading Company würde man Mito und dann das System Taiko konzentrisch anfliegen, um jegliche Flugbewegung aus dem System heraus unterbinden zu können.
Die X-Trading Company hatte GENERAL ALERT ausgerufen, d.h. die DEFENCE-Abteilung der X-Trading Company war aus allen Teilen der Imperien nach Lonetrek kommandiert worden. Tiegos und JohnBe hatten alle Bergleute und Händler mit Kreuzern aus der Einsatzreserve versorgt und bildeten mit den Abteilungen RESSORCES/mining und COMMERCE jeweils eine geschlossene Einsatzgruppe, um - in der zweiten Welle fliegend - Einzelpiloten abzufangen. Die ACADEMY und RESSOURCES/production sicherten das HQ. Die Diplomaten besetzten die 4 Imperialen Tradeposts.
Noch nie zuvor war die Company gezwungen gewesen, die höchste Alarmstufe auszurufen.
"Ein geordnetes Chaos," stellte XTrader, CEO der Gesellschaft, zufrieden fest.
Natürlich war auf den Imperialen Tradeposts hektische Betriebsamkeit ausgebrochen, als die "zivilen" Händler und Bergleute ihre Schiffe gegen schwerbewaffnete Kreuzer tauschten und sich plötzlich in einer straffen Hierarchie fanden. Aber die Ruhe der erfahrenen Abteilungsleiter, die Disziplin der Kommandanten und das Stichwort "Kyonoke-Pest" formte auch aus kampfunerfahrenen Besatzungen zwei ernst zu nehmende Einsatzverbände.
"Wir werden es schaffen," dachte XTrader zuversichtlich und blickte auf den Zeitgeber.
x - 10 Minuten.
In einigen Dutzend Schiffen der Angriffstruppe wurden die Stromerzeuger hochgefahren und die Brennkammern vorgewärmt. Spätestens jetzt würde einem erfahrenen Bediener die Energieortung alle Schiffe anzeigen.
x - 5 Minuten.
"Gurte prüfen," knurrte Staff Sergeant LaFiamma seine Marines an.
"Ruhig, Leute," sagte JohnBe über den internen HändlerChannel, "und denkt dran: nicht die Gang verlassen, Funkdisziplin im Channel und meine Befehle ausführen. Dann packen wir´s."
Auch RogerB gab letzte Instruktionen:
"Wenn ihr aussteigen müsst fliegt Taisy Prime an. Kyonoke Pit ist auf jeden Fall absolut tabu. Wer da landet ist tot. Merkt euch - Taisy Prime!"
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Teil 2
Admiral Gordon, lokaler Befehlshaber des DED ging auf dem zentralen Gefechtsdisplay seines Schlachtschiffes die Truppenteile durch:
- Sprungtorblockade Systemzugang – eigene Truppen – grün und in Position,
- Sprungtorblockade System innen – caldarische Navy – grün und einsprungbereit,
- Angriffstruppen Raumüberlegenheit – X-Trader, Geschwader RogerB – grün und einsprungbereit,
- Sturmtruppen Boden – caldarische Navy – grün und einsprungbereit,
- Stationsblockade – X-Trader, Geschwader Tiegos – grün und einsprungbereit,
- Abriegelung des Gefechtssektors – X-Trader, Geschwader JohnBe – grün und einsprungbereit.
Der hoch gewachsene Caldari nickte. Es war soweit - in wenigen Sekunden würde das System Taisy zu einer Hölle werden.
Admiral Gordon drückte den Knopf für Sammelspruch:
"Hier Gomorrha Führer – Angriff wie befohlen. X läuft. Ende"
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Alineas Gang griff in Wall-Formation eine Gruppe von drei Incursus an, die den stationären Orbit über dem Laborasteroiden verlassen hatten und Richtung Hokonen-Sprungtor eindrehten.
"Aufpassen, Leute, Zielanflug - Entfernung 20tausend. Die beiden hinteren Incursus aufschalten. Erstes Ziel der Einzelflieger rechts außen. Alphaschlag auf mein Kommando."
Die Umsicht der XT-Admirale, innerhalb einer Wing die Piloten mit gleichen Schiffen und Zusatztriebwerken zu versehen, machte sich im Formationsflug bezahlt. In geschlossener Formation jagten die 5 MOA mit weißglühenden Micro-Warpdrives hinter den Fregatten her und holten schnell auf Schussentfernung auf.
Alineas ruhige Stimme klang in den Köpfen der Piloten auf:
"4 Sekunden - 3 - 2 - 1 - Feuer!"
Auch die Bewaffnung innerhalb einer Wing war optimiert, in diesem Falle auf Fernkampf:
Synchron schlugen die mit Multifrequenzkristallen gebündelten und verstärkten Hochleistungslaser von drei MOAs aus 12.000 Meter Distanz in der Schirm der hintersten INCURSUS ein. Gleichzeitig dröhnten die Gatlings der beiden anderen Schiffe auf.
Die Schußentfernung war so bemessen, dass während der Geschossflugzeit der Schirm zum Zusammenbruch gebracht wurde und Augenblicke später die Projektile das Ziel erreichten.
Binnen Sekunden verging die Incursus in einem grellen Feuerball. Die mittlere - vom Verband als Ziel aufgeschaltete - Fregatte hielt weiterhin Kurs auf das Sprungtor, während die vordere einen um 90° steigenden Kurs einschlug.
Automatisch erfolgte der Zielwechsel auf das zweite Ziel.
Wieder griff Alinea ein: " Stopfen! Alphaschlag - 5 - 4 - 3 - 2 - 1 - Feuer!"
Auch dieser Fregatte blieb nicht der Hauch einer Chance gegen die Kreuzerformation.
"Nummer drei haut ab," rief Drake über den KommChannel der Gang, "hoffentlich funktioniert diese verdammte Software bald vernünftig!"
Die von den X-Tradern verwendete Software einer kleinen Entwicklungsfirma, die auf einem Inselkontinent residierte, spielte bei mehr als zwei zugewiesenen Zielen verrückt. Allzu häufig kam es vor, dass der Rechner das nächstbeste Objekt als Ziel aufschaltete, sei es der Wingman, eine Station, ein Cargobehälter oder ein harmloser Asteroid.
"Nein - den lassen wir fliegen. Der kommt nicht weit."
Alinea wusste, dass die Händler jeweils unter Leitung eines Imperialen Magnaten 4 Kampfgruppen gebildet hatten und Kyonoke Pit in einem 100 Kilometer Orbit absicherten.
"Wir fliegen zurück nach Kyonoke Pit," ordnete Alinea an und zog ihr Flaggschiff, die ´XT-Scorpion´ in eine Hochgeschwindigkeitskurve über Backbord.
"Da sind noch ein paar m3g4-cyte, die abgebaut werden müssen."
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Seit wenigen Minuten tobte im System Taisy eine erbitterte Schlacht.
Das DED und die caldarische Navy hatten die Sprungtore des Systems auf beiden Seiten unter Kontrolle. Tiegos riegelte mit seinen Leuten Taisy Prime - die einzige Station des Systems - ab.
RogerB hatte als Kommandeur der Abteilung DEFENCE die wichtigste Aufgabe übernommen: Erringen und Aufrechterhaltung der Raumhoheit um Kyonoke Pit, um den Marines der caldarischen Navy eine ungefährdete Anladung zu ermöglichen.
Während die Admirale MadAngel und Boomer die Wachkreuzer "beschäftigten", griff er mit dem Schießlehrer LeChuck die bodengebundene Raumabwehr des Asteroiden an.
Die XT-´Gwaihir The Eagle´ rüttelte, als eine Serie Flameburst-Raketen in die hoch gespannten Feldschirme einschlug. RogerB lächelte verkniffen.
"So einfach ist das nicht," dachte er.
Um 180 Grad versetzt flogen sie die einzige Kanone auf dem Asteroiden an. Etwa 10 km voraus blitzte plötzlich das Mündungsfeuer der 75mm Gatling auf. Eindeutig hatte sie ihn als Primärbedrohung identifiziert.
RogerB flog eine Fassrolle steuerbord aufwärts und hielt den Flugvektor. Er vermeinte, die Geschossgarbe vorbeirauschen zu hören.
Kurskorrektur! Er war zu weit nach steuerbord ausgeschwungen. Leichtes Gieren nach backbord und:
"Ziel deckend ... 80hundert ... Vorsicht, ich schieße!" rief er über den Channel der kleinen Gang.
Die Magnetschienen der 4 Railguns wurden aufgeladen, er hörte den Zusatzmotor der Munitionszuführung anlaufen und dann übertönte das Donnern der Dual-150mm Kanonen alle anderen Geräusche. Jede Kanone gab nur 10 Schuss pro Feuerstoß ab, die aber binnen 30 Sekunden.
"Ziel deckend ... 65hundert ... Vorsicht, ich schieße," hörte er LeChuck über Funk. Er wußte, dass LeChuck auf Kollisionskurs flog. Die X-Trader lernten drillmäßig Backbord-Aufwärts als Ausweichmanöver.
"Nachbrenner", dachte RogerB intensiv und zog die THORAX hoch. Die einsetzende Schubverstärkung drückte ihn an die Wand der Pilotenkapsel. Die Seitensicht-Kamera zeigte LeChucks Kreuzer ebenfalls wie einen Kometen aufsteigen.
RogerB senkte die Kameraachse der Drohne - die Gluthölle der Anti-Materie Granaten hatten einen rauchenden Metallsee hinterlassen, wo zuvor die Kanone gestanden hatte.
"Gute Arbeit, Chuckie," rief RogerB über den Gangchannel.
"Danke, Boss," kam die Antwort," sie waren auch nicht schlecht!"
"Du bleibst bei mir in der Gang, Chuckie," sagte RogerB, "ich hole dich zu mir rüber. Wir decken das Absetzmanöver."
Er schaltete die Frequenz um:
"Eagle Führer an Gomorrha Führer. Schicken Sie die Kammerjäger. Wir geben Eskorte. Ende"
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"Es geht los, Männer. Festhalten," sagte Leutnant Barnesway. Und Richtung Cockpit des Mannschaftstransporters:
"Ok Cowboy - bring uns runter."
"Yessa", grinste der Marine auf dem Pilotensitz, "festhalten ... !!" und rammte den Schubhebel bis zum Anschlag nach vorn. Der Transporter schoss vorwärts, die Andruckabsorber ließen einige G durch - was Sergeant LaFiamma eine gebrochene Nase bescherte, da er sein Energiegewehr nur halbherzig befestigt hatte.
"Machen wir mal die Musik an" brummte der Pilot und schaltete die Nachbrenner dazu. Diesmal war die Beschleunigung nicht so stark, aber der Lärm durchschlug die Schallisolierung der Mannschaftskabine.
"Hmm... ja, das hört man gern." Der Pilot blickte über die Schulter nach hinten.
Leutnant Barnesway grinste und klopfte mit dem rechten Fuß den Takt zu einem nicht hörbaren Lied.
"Sergeant, Sergeant," brüllte er dann kopfschüttelnd durch den Lärm, "jetzt schon schlapp machen?"
"Bestimmt nicht, Sir! Aber dafür lass ich diesen bekloppten Professor seine Tierchen fressen!" Der Sergeant schnaufte erbost und betastete die geschwollene Nase.
"Scheiße! Fängt ja gut an!"
Der gegenüber sitzende Soldat grinste.
"Blödmann", fauchte LaFiamma und trat nach ihm.
Der Offizier brauchte nicht einzugreifen. Mit einem Donnerschlag detonierte eine schwere Jagdrakete unterhalb des Transporters. Im gleichen Moment prasselten die Splitter gegen die Panzerung und passend zur Todesmelodie drehte der Transporter mit kreischenden Stabilisatoren eine Pirouette um die Querachse. Jemand schrie auf. Ausrüstung flog durch die Kabine. Fluchend schaltete der Pilot den Nachbrenner aus und die Triebwerke auf 50%. Taumelnd kam der Tranporter aus dem Überschlag heraus und drehte wieder in die alte Flugbahn. Einen unfeinen Fluch murmelnd, beschleunigte der Pilot den Transporter und schaltete auch die Nachbrenner wieder ein. In kürzester Zeit lag der Zielvektor wieder an.
"Zwei Minuten zum Absetzpunkt," gab der Pilot nach hinten durch, "und zwei Kreuzer voraus. Eigene."
Bleiche Gesichter starrten durch die kleinen Bullaugen nach draußen. Raketen zogen Rauchspuren durch den sichtbaren Ausschnitt des Weltraums. Die Explosionen tauchten das Innere des Transporters in flackerndes Licht.
"Eine Minute. Warnung - Dekompression!"
"Fertig machen, Männer, Helmvisier schließen. Sergeant LaFiamma, Ihr Trupp geht zuerst, Nahsicherung!"
LaFiamma nickte.
"Yes, Sir. Erster Trupp, Nahsicherung."
Das Schott zur Pilotenkanzel wurde geschlossen. Eine unübersehbare Warntafel leuchtete auf: DEKOMPRESSION. Fauchend entwich die Atemluft aus der Kabine und hüllte den Shuttle für einige Sekunden in einen feinen Nebel. Dann setzte der Shuttle auf. Das Triebwerk erstarb.
"Landeplatz exakt erreicht, Schiff steht 90 Grad zum Eingang," meldete der Pilot über Funk.
Leutnant Barnesway öffnete die vom Eingang abgewandte Seitentür.
"LaFiamma ... auf geht´s."
Der Trupp des Sergeants sprintete aus dem Shuttle - 2 Mann links, 2 rechts - und sicherte an den Fahrzeugecken. Nichts zu sehen, kein Abwehrfeuer.
Der Zugang zum Laboratorium war eine kleine, in die Felsen gesprengte Treppe mit einem Handlauf an der rechten Seite. Davor lagen große Felstrümmer, die ausreichend Deckung boten. Das Shuttle stand frei mitten in einem flachen Meteoritenkrater, direkt neben dem Zentralkegel.
Der Sergeant winkte dem Leutnant.
"Sauber. Feuerschutz."
"Vorwärts, mir nach," wies Leutnant Barnesway seinen Trupp an. Zusammen mit einem Soldaten rannte er zur linken Ecke des Shuttles. Vorsichtig schaute er um die Ecke, dann gab er den beiden anderen ein Handzeichen und lief, die Deckung der Felsen ausnutzend, zum Eingang.
"Sergeant, wir brechen das Schott auf. Wenn wir drin sind, kommen Sie mit 2 Mann nach. Sofort äußeres und inneres Schott schließen und bio-dicht versiegeln," befahl er.
"Yes, Sir!"
Leutnant Barnesway öffnete den kleinen Tragebeutel an der linken Seite seines Koppels und nahm 4 silbrige Stangen heraus.
"Standardschleuse - 4 Riegel," sagte er zu sich selbst und platzierte die Thermit-Schneidladungen. Sorgfältig initiierte er die Zeitzünder und rannte zurück zu den Felsen.
"Deckung," bedeutete er seinen drei Begleitern und ging selbst hinter einem massiven Brocken in die Hocke.
Sonnenhelles Feuer gleißte am Schott des Laboreinganges auf und tauchte den Krater sekundenlang in ein unwirkliches, weiß-blaues Licht.
Dann war es schlagartig wieder dunkel.
"Vorwärts," rief der Leutnant und rannte ein zweites Mal zum Schott.
Seine drei Männer folgten dichtauf.
Für die gut ausgebildeten Marines war das Ende des Stützpunktes nur noch eine Formsache - auch unter dem besonderen Aspekt einer biologischen Bedrohung.
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Wie schon vor etwas mehr als einer Woche, hatte XTrader die gesamte Führung der Company im Hauptquartier zusammen gerufen.
"Ich danke Ihnen allen ausdrücklich für die hervorragende Zusammenarbeit. Wir konnten die m3g4-Corporation durch den gezielten und eng begrenzten Präventivschlag daran hindern, biologische Waffen gegen uns einzusetzen. Die caldarische Marine hat auf dem Labor-Asteroiden 100 einsatzbereite Aerosoldosen mit Militärzündern gefunden. Dr. van Doren hat tatsächlich vorgehabt, die X-Trading Company mit einem Schlag auszulöschen. Er wird auf Antrag von CONCORD aus den imperialen Sektoren ausgewiesen werden und die Bürgerrechte verlieren.
RogerB wird Sie jetzt die Sicherheitslage einweisen."
"Ja, danke XTrader.
Da wir nur eine Staffel der meg4-Corporation angegriffen haben und das auch noch im Auftrag des DED, konnte m3g4 keine Kriegserklärung aussprechen. Nach wie vor herrscht Spannungszustand - nicht mehr.
Die Schiffsverluste von m3g4 im Taisy-System betragen 100%. Wir selbst haben 5 Schiffe über Kyonoke Pit abgeschossen und die Pods wurden vom DED abgefangen. 4 weitere Schiffe wurden von der Navy vernichtet, als sie das System trotz Warnung verlassen wollten. Die caldarische Regierung ist nicht an der Ausbreitung der Kyonoke-Seuche interessiert. Nur 2 Besatzungen haben sich ergeben.
Wir selbst haben leider 2 Kreuzer verloren, die Piloten sind auf Taisy Prime.
Aus meiner Sicht war die Aktion ebenfalls ein Erfolg."
"Danke, Roger."
XTrader wandte sich wieder an die Versammlung.
"Wir haben diesmal Glück gehabt, meine Damen und Herren. Die Schäden an der Werft und der Produktionsanlage werden in einigen Wochen behoben sein. Was wir daraus lernen müssen, ist, dass unsere Feinde in der Lage und willens sind, jederzeit und hart zuzuschlagen. Wir müssen wachsam sein.
Unsere Feinde haben zweierlei gesehen: dass sie uns durchaus überraschend treffen können. Aber dann sind auch wir bereit und fähig, mit der Mobilisierung aller Piloten zurückzuschlagen.
Wenden wir uns einem angenehmeren Thema zu.
John, die Produktion von Kreuzern in der Gallente Föderation konnte gesteigert werden?"
"Danke XTrader.
Ja, wir waren in der Lage, durch die Anmietung zwei weiterer Fabriken ..."
* * * ENDE * * *
© Johannes Zumbansen
aka: JohnBe (2001-2007)