Sabotage (2)

Index zurück weiter

Im scharf gebündelten Licht des kleinen Helmscheinwerfers blitze das Spezialwerkzeug auf. Eine Ringklinge öffnete die Isolierung des Lichtwellenleiters und legte die Trägerfaser auf etwa 3 cm frei. Die Person im schwarz-dunkelgrauen Tarnanzug griff nach dem neben ihr abgelegten Rucksack und verstaute das Werkzeug. Stattdessen entnahm sie eine kleine Box und öffnete den oberen Teil. Behutsam versuchte sie, die freiliegende Lichtleiterbahn in die vorgezeichnete Auskerbung zu legen.

"Etwas mehr," murmelte der Vermummte und öffnete die Isoplasthülle des Hauptkabelbaumes um weitere 20 cm.

Jetzt lag genug vom Signalkabel frei, dass er die in mattem Grau gehaltene Intrusionsbox ansetzen konnte. Noch einmal legt er das blanke Stück des Lichtwellenleiters in die Führungsrille. Dann klappte er einen Innenteil des Deckels über den Lichtwellenleiter und verriegelte ihn. Der mikromechanische Flexor würde die Lichtleiterfaser um 60° bis kurz vor dem Bruchpunkt biegen. Dann würde die Silberbedampfung der Leiterfaser an zwei Stellen entfernt werden - jeweils exakt in der Verlängerung der beiden entstehenden Geraden. Damit konnte man einerseits den Lichtstrahl zum Austritt zwingen und ihn andererseits nach mehrfacher Spiegelung - und Manipulation - wieder in den Leiter einspeisen. Spiegelung und Signalverarbeitung erfolgten durch entsprechende Mikrobauteile des Deckeloberteils.

Leise klickend rastete auch das Deckeloberteil ein. Der Attentäter lächelte. Der erste Schritt war getan.


==========



"Sir," machte Obermaat der Marineinfanterie Kintosa den Schichtführer auf sich aufmerksam, "Sir, die Personenkontrolle meldet eine nicht autorisierte Person im technischen Bereich."

Major Nishuko zog interessiert eine Augenbraue hoch.
"Was denn - hier bei uns?"
Er schaltete die Konsole von Direktsicht auf den Computer um.
"Das könnte unser Mann sein. Einzelheiten, wo genau?"

Obermaat Kintosa klickte mit dem Positionsanzeiger auf die Meldung. Der Computer lenkte die Ausgabe auf die Konsole des Schichtführers um.

"Hmm - ein Energietechniker im Wartungsgang der Elektronik. Backbordseite, bei den Werften."
Der Major forderte eine Informationsdetaillierung an.
"Genauer gesagt - Ingenieur Talador, Hochenergie und Antriebstechnik. Was hat der da zu suchen? Die Energieversorgung liegt gute 100 Meter links von ihm. Obermaat Kintosa, Personalakte Talador zu mir. Und stellen Sie fest, welche Firmen sich da unten eingemietet haben. Wenn die X-Trading Company dabei ist könnte es heute noch einen Tanz geben."

"Yes, Sir. Akte Talador und Werftliste auf Ihre Konsole."


==========



"Ingenieur" Talador befestigte den Mikrochipleser mit Klebeband auf der Intrusionsbox und stellte die Kabelverbindung her. Zum festgelegten Zeitpunkt würde nichts weiter geschehen, als dass der Mikrochipleser eine zusätzliche Befehlssequenz in den Informationsstrom einspeisen würde.
Einem inneren Impuls folgend, schaltete er auch den Funkimpulsgeber ein und trat dann zurück.

Fertig. Diesmal würde die X-Trading Company einen herben Verlust erleiden. Sein Job auf der Station war erledigt. Behutsam drehte er die angezapfte Leitung so, dass man die Intrusionsstelle nicht ohne Suchen finden würde.

Talador blickte sich noch einmal um - nichts liegengelassen?
Nein.
Zufrieden ging er in gebückter Haltung den Gang entlang und wandte sich dem nächsten Ziel zu.
Es war jetzt 03:30. Noch 90 Minuten bis zum Arbeitsbeginn auf den Werften. Im Vergleich zu den Aufträgen im Trainingslager der Ausbildungsabteilung der m3g4-Corporation eine endlose Zeit.

==========



Yeeeha! Ihr Kampfschrei lässt das Harbes angaloppieren. Unrah beugt sich an der rechten Flanke hinab und drischt den Lederball mit einem hart angesetzten Schlag in Richtung des gegnerischen Tores. Zwei Abwehrspieler reiten auf sie zu.

Noch einmal den Ball treiben - rechts drive.
Ein Blick über die Kruppe des Harbes - ein Abwehrspieler direkt links vor ihr. Schnell!

Heeee! Ein entschlossener Ruck an den Zügeln, die Beine klammernd um den Harbes - die unausweichliche Kollision - ein Ruck. Unrah fliegt durch die Luft - landet schmerzhaft auf dem Rücken - eine halbe Drehung - das Gesicht schrammt über den Boden ...


Unrah hob langsam den Kopf und öffnete blinzelnd die Augen - viel zu hell!
Dennoch schaute sie sich um und nahm die vertraute Umgebung des Büros in sich auf.
03:40 zeigten die grünen Leuchtziffern des Infoboardes.

"Mmmm - oouuhhh", mit der linken Hand den schmerzenden Rücken massierend richtete sie sich langsam im Bürostuhl auf und streckte die Wirbelsäule.
Vor ihr lag der Quartalsabschlussbericht, ein flacher Taschenrechner lag obenauf.

"Ach nein," stöhnte Unrah und fuhr mit der flachen Hand über die rechte Wange, wo sie im Traum über den Boden geschrammt war. Deutlich fühlte sie die Abdrücke der Tastatur.

"Das ist doch wohl nicht wahr," murmelte sie und stand auf. Mit beiden Händen strich sie die Haare nach hinten und ging zum persönlichen Waschraum des Büros.

"So was. Schlaf´ ich einfach ein."
Lächelnd schüttelte Unrah den Kopf und drehte das kalte Wasser auf.


==========



Der Marineinfanterist an der Spitze des Sondereinsatzkommandos gab dem Truppführer einen knappen Lagebericht.

"Zielobjekt jetzt im Werftbereich der X-Trading Company, Sir. Eigener Standort Personaleingang der Werft."

"Ok. Sie bleiben vorne, Sergeant. Absolute Ruhe - Gefechtsbereitschaft - Feuererlaubnis, aber möglichst nicht töten. Wir brauchen sein Gehirn lebend."
Der Offizier blickte die 4 Männer an.
Ein Klaps auf die Schulter des Sergeants: "Los - eindringen."

Fast lautlos huschten die Männer vorwärts - durch die Tür - Nahsicherung nach vorne und hinten - seitlich ein Gang - frei - weiter zur nächsten Biegung ...
... der Sergeant hob die geballte Faust - kniete ab - der Trupp erstarrte in gleicher Haltung - Nahsicherung - ein Flüstern: "Noch eine Person - gleiche Ebene - drei Zimmer - links."

"Frage Personalcheck?!" wisperte der Offizier, zweiter Mann hinter dem Sergeant.

"Läuft ...", kam es wie ein Hauch zurück, "shit ... die Imperiale Magnatin, Sir."

"Frage Zielperson?"

"Hangar 1,Sir."

Der Offizier zögerte kurz, dann winkte er. Der Mann hinter ihm huschte heran.

"Rogoff - Personenschutz der Lady. Ausbrechen wenn wir am Zimmer sind."

"Yes, Sir." Rogoff nickte.

"Weiter!"

Dicht an der Wand entlang - mit schnellen, leisen Schritten - drang der Trupp weiter vor. Im Moment war ein unbeabsichtigter Verrat durch die Imperiale Magnatin der X-Trading Company für das Unternehmen gefährlicher, als die Möglichkeit, durch das Panzerschott zum Hangar gehört zu werden.

Helles Licht flutete durch das Oberlicht der doppelflügeligen Bürotür.
Noch zwei Meter.
Da fuhren die Türflügel mit leisem Zischen der Hydraulik in die Wände zurück ...

"Rogoff!!!"


==========



Unrah ließ die Tür des Waschraums hinter sich zufallen. Ihr Blick fiel auf die Digitaluhr - 03:47.
"Jetzt aber ab ins Bett," murmelte sie und ging zur Eingangstür. Mit der Hand fuhr sie über die Kontaktfläche des Türöffners.

Mit dem gewohnten Geräusch fuhren die Türflügel zurück, Licht fiel aus dem Büro hinter ihr in den Korridor - und beleuchtete an die Wand gedrückte Gestalten: schwarze Overalls, Kapuzenmaske, Kampfkoppel, Waffen - Terroristen!

"Rogoff!" hörte sie und schon sprang einer der Terroristen sie an - eine Hand presste sich auf ihren Mund, sie wurde umgerissen und beide landeten unsanft auf dem Boden. Unrah strampelte mit den Beinen, der Griff auf ihren Mund war unnachgiebig - Sekunden später schien ein zweiter Mann auf ihren Beinen zu knien.
Panik machte sich in Unrah breit.

Ein dritter Mann tauchte in ihrem Gesichtsfeld auf; hatte die fluoreszierende Einsatzmarke der Stationssicherheit in der Hand.

"Ruhig, Madam, ruhig! Leutnant Croft, Sondereinsatzkommando. Wir haben eine unbekannte Person hierher verfolgt. Kann ich mit ihrer Kooperation rechnen - und vor allem - nicht schreien!"

Unrah lag still und zwang sich ruhig zu atmen. Der Griff um den Mund ließ etwas nach. Unrah nickte. Der Soldat, der sie umgerissen und ihr den Mund verschlossen hatte ließ sie nicht aus den Augen und lockerte endgültig den Griff. Unrah atmete tief durch - schon war die schwarz behandschuhte Hand wieder da - Unrah winkte ab.

"Schon gut."

"Rogoff bleibt bei Ihnen, Madam. Bleiben sie im Büro. Folgen Sie seinen Anweisungen."
Ein kurzer Blick zu dem Soldaten - ein bestätigendes Nicken.

"Nein - Leutnant. Das ist meine Werft. Ich bin dabei."

Mit einem herrischen Wort auf den Lippen drehte sich der Leutnant zu ihr um. Unrahs grüne Augen sprühten förmlich Funken.

Der Offizier musterte Unrah und traf seine Entscheidung.

"Nur unter einer Bedingung: Rogoff bleibt vor Ihnen, Madam und - Sie folgen bitte widerspruchslos seinen Anweisungen."
Und an Rogoff gewendet:
"Personenschutz alpha. Sie bleiben immer mindestens einen Halt hinter uns."
Wieder nickte Rogoff.

"Weiter, Männer" - und wie ein böser Spuk verschwand der Angriffstrupp wieder im Korridor.

Unrah wollte hinterher, aber Rogoffs eiserner Griff am Oberarm hielt sie zurück. Ruhige, braune Augen blickten sie an.
"Nein, Ma´am, noch nicht," flüsterte Rogoff, "und außerdem - sie bleiben hinter mir."

Unrah nickte und fügte sich.

Der Soldat nickte zufrieden - und lächelte heimlich.


==========



"Er ist im Inneren der VEXOR, Sir", meldete der Sergeant mit dem Personenscanner.

Vor dem Kommandotrupp ragte der kupferfarbene Rumpf des Kreuzers in die Höhe. Gerichtete Magnetfelder hielten den Metallberg aufrecht. An beiden Seiten waren Montageplattformen aus den Wänden an die Hülle gefahren worden, um an unzugänglichen Stellen Montagearbeiten durchführen zu können.

Der Blick von Leutnant Croft wanderte den Rumpf hinauf, die schwarzen Triebwerksaustritte, Plasmaleitungen, die tiefrot leuchtende Plasmafüllungsanzeige ... er erstarrte.

"Verbindung zu Miss Unrah - schnell!" flüsterte nach hinten.

Der Funker kam nach vorne. Leutnant Croft stöpselte sich in den tragbaren Kommunikator ein.
"Miss Unrah? - Leutnant Croft. Sprechen Sie leise. Wir stehen vor ihrer VEXOR in Hangar 1. Die Zielperson ist in der Maschine. Wieso leuchtet die Plasmawarnung?"

"Ähhm - wir machen morgen einen Werkstattflug direkt um 05:00. Die Tanklager werden erst um 08:00 geöffnet. Deswegen ist genug Reaktionsmasse getankt, um zum nächsten Mond und zurück zu kommen ..."
Eine kurze Pause, dann etwas lauter:
"Leutnant - sie glauben doch nicht etwa ... ?!"

"Leider doch - geben sie mir Rogoff!"

"Sir?"

"Rogoff - Plasmazündung in Hangar 1 möglich. Ab mit der Lady zum Evakuierungshangar. Sofort - Personenschutz alpha."
Der Leutnant unterbrach die Verbindung ohne eine Antwort abzuwarten.
"Croft an Team Baker. Habt ihr was gefunden im Elektronikbereich?"

"Hier Baker - negativ."

Der Offizier löste die Verbindung wieder und wandte sich an die Kommandosoldaten:
"Wir dringen ein. Zielpunkt Maschinenraum. Wie gehabt - Feuererlaubnis im Notfall. Auf Zündvorrichtung achten."


==========



Leunant Croft führte jetzt den Trupp. Der Sergeant hatte den Scanner gegen einen Blaster getauscht. Mit einer kleinen Steuerelektronik hatten sie das Schott zum Maschinenraum mit halber Normalgeschwindigkeit einen Spalt breit geöffnet und waren hineingeschlüpft. Nur die Notbeleuchtung brannte, noch war kein Betrieb im Maschinenraum des Kreuzers.

Handzeichen: eins - nach links, zwei - nach rechts, drei - zu mir, Ausführung.
Dunkle Gestalten huschten in die angegebene Richtung, verbargen sich in Schlagschatten.

eins - Achtung, zwei - Achtung, drei - folgen.

Langsam blickte Leutnant Croft um die linke Seite der Terminalkonsole, hinter der er nach dem Eindringen Deckung gesucht hatte. Nichts zu sehen. 2 Meter weiter nach vorne die nächste Konsole.
Er schaute nach oben, auf die umlaufende Galerie, auch niemand.

Leutnant Croft nickte #3 zu und sprintete los. 4 ... 5 schnelle Schritte und wieder abducken. Leise keuchend hockte #3 neben ihm.

"Er ist ... vor uns ... Sir. Auf der Galerie ... Richtung 11 Uhr."

Leutnant Croft blickte erneut suchend um die Konsole - und entdeckte den mutmaßlichen Attentäter etwa 10 Meter vor sich auf der Galerie. Er hantierte tatsächlich an einem freigelegten Stück der Plasmaleitung. Höchste Zeit, einzugreifen!
Der Offizier zog sich wieder zurück und suchte Blickkontakt zu den beiden Deckung gebenden Truppmitgliedern.

eins - aufwärts - vorwärts - Ziel auffassen - Ausführung!
zwei - aufwärts - vorwärts - Ziel auffassen - Ausführung!


Er wartete ab, dass die beiden Marines sich zu den Nottreppen in Bewegung setzten, dann drehte er sich wieder zur Zielperson um.


==========



Talador wickelte noch eine Lage Klebeband um den Plastiksprengstoff.
Gut - das würde halten.
Er bückte sich, nahm die Schachtel mit der Sprengkapsel aus dem Rucksack und stellte sie auf einen kleinen Absatz vor sich. Vorsichtig drückte er mit dem kleinen Finger ein 2cm tiefes Loch in den Sprengstoff und schob die Sprengkapsel hinein. Sorgfältig schloß formte er mit Daumen und Zeigefinger die kleine Öffnung über der Sprengkapsel, damit sie nicht herausrutschte.

Dann nahm er den Zeitzünder, öffnete die Zündkontakte - und zuckte zusammen.

"Das würde ich nicht tun, Talador. Sicherheitsdienst - keine Bewegung, absolut keine weitere Bewegung."

Talador umklammerte den Zeitzünder.
Versagt - er hatte versagt!
So kurz vor dem Ziel - und versagt!

Langsam, wie in Zeitlupe, drehte er sich um. Es waren mehrere! Er konnte einen Scharfschützen erkennen der rechts von ihm auf der Galerie lag und ihn anvisierte. Die Stimme war jedoch von der Bodenetage des Maschinenraums gekommen.

"Talador - jetzt ist es genug. Sofort stop!"
Talador hielt inne. Er hatte genug gesehen. Im Moment war seine Lage aussichtslos. Er kannte die Einsatzgrundsätze des Sondereinsatzkommandos und wusste, dass noch weitere Scharfschützen ihn jetzt anvisiert hatten, die er nicht sehen konnten.

Talador wusste auch, dass er nicht lebend in die Hände des Sicherheitsdienstes fallen durfte. Er kannte die nächste Stufe des Einsatzplanes gegen die X-Trading-Company. Aus diesem Grunde trug er ein von aussen nicht sichtbares Kortikalimplantat, dass sowohl sein Gehirn schlagartig ausbrennen, wie auch den Funkimpulsgeber des Mikrochiplesers aktivieren würde.

Er lächelte - das Sondereinsatzkommando hatte einen Fehler gemacht: sie hätten ihn warnungslos paralysieren sollen ...
Er lächelte - und dachte intensiv an das Zündwort - ein aufgegebenes Bergwerk - der Untergang der X-Trading Company ...
Er lächelte - und um den Toten herum brach ein unbeschreiblicher Tumult los ...


==========



JohnBe starrte gebannt in die holographische Projektion. Den anderen Direktoren erging es nicht besser. Die Aufzeichnungen der Überwachungsgeräte zeigten, was Talador mittels der Intrusionsbox und eines gezielten Ausführungsbefehls - der hinter den Firewalls eingeschleust und von manipulierten Programmen akzeptiert worden war - angerichtet hatte:

Schlagartig wurde die Stromversorgung der gegenpoligen Schwerkraftgeneratoren und der Magnetklammern abgeschaltet.

Eine halbe Million Tonnen Stahl behielt seine Masse, bekam schlagartig sein Gewicht zurück und fiel aus 10 Meter Höhe auf den Boden des Hangars. Der äußerst tragfähige Boden hielt dem Aufprall nicht stand. Mit berstendem Krachen und Kreischen durchbrach der Kreuzer mit der unteren Triebwerkssektion den Boden, wurde dabei selbst zusammengestaucht - ganze Panzerplatten platzten zur Seite weg, Hydraulikschläuche rissen und unter Hunderten von Bar stehende Flüssigkeit durchschnitt Plastikrohre wie Butter. Kaskaden von Schmelzspritzern bildeten Funkenregen, wo elektrische Leitungen auf Metall trafen.

Und dann neigte sich der stolze Kreuzer unter seinem Gewicht nach hinten. Die in 50 Meter Höhe angebrachte obere Triebwerkssektion gab dem fallenden Drehen entsprechendes Gewicht. Wie der Klöppel einer überdimensionalen Glocke traf die Obersektion gegen die Hinterwand der Werft, zermalmte und verdrehte die ausgefahrenen Arbeitsbühnen und durchschlug mit der Hunderte Tonnen schweren Antriebssektion die Außenwand zu den inneren Sektoren der Station.

Eine letzte Dissonanz der aneinander reibenden Metallflächen ließ alle schmerzhaft die Augen zusammenkneifen - dann trat Stille ein. Nur noch der Katastrophenalarm war zu hören, das Zischen austretender Gase und Flüssigkeiten und das Knistern elektrischer Überschläge.

"Und das," meine Damen und Herrn, sagte X-Trader - CEO der X-Trading-Company," wäre nur ein unbedeutender Anfang gewesen. Der Attentäter war bei seiner Festnahme dabei, den Fusionstank des Schiffes mit einer Sprengladung zu präparieren. Er hatte einkalkuliert, dass die VEXOR aufgrund ihrer Bauform nach hinten kippen und die Rückwand durchschlagen würde. Die Detonation des Fusionstreibstoffes hätte die Station in Stücke gerissen."

Niemand sagte ein Wort. Jemand räusperte sich.

"Aber," fuhr X-Trader fort, "einen kleinen Erfolg können wir verzeichnen: in einem Speziallabor ist es den Leuten von Tiegos gelungen, das Kortikalimplantat des Attentäters soweit zu rekonstruieren, dass wir das Zündwort entziffern konnten."

Die Blicke von X-Trader und JohnBe trafen sich.

"Ein verlassenes Bergwerk. JohnBe kennt es aus seiner Vergangenheit. Er wird mit Obstel und RogerBe die Behörden formell um ein Visum für die Sperrzone ersuchen und von CONCORD die Erlaubnis für Waffeneinsatz einholen."

X-Trader blickte in die Runde. Ruhig, fast traurig fuhr er fort:

"Meine Damen und Herren, es wird ein letztes Gefecht geben. Und das bitte ich wörtlich zu nehmen. Niederlage wäre nicht nur gleichbedeutend mit dem Ende der Company - Niederlage wäre ein entsetzlicher Tod."

... Fortsetzung folgt ...

© Johannes Zumbansen
aka: JohnBe (2001-2007)