Ein enger Raum, hell erleuchtet. Überall Glasapparaturen, Messinstrumente, Metallregale mit Flaschen, Gaszylinder. Dazu die typischen Geräusche eines Forschungslabors: blubbernde, vor sich hin köchelnde Flüssigkeiten, das leise Zischen altertümlicher Gasbrenner, irgendwo ein Tröpfeln, ständiges Rauschen der Klimaanlage.
Dazwischen eine sorgfältig den aktuellen Versuch beobachtende Person.
"Nun mach schon," dachte Mahtrok und verglich den Flüssigkeitspegel eines Reagenzglases mit einer aufgemalten Markierung. Provozierend langsam tropfte eine ölige, grün phosphoreszierende Masse aus einer Kondensatorschlange in das Glas. Mindestens zwei Finger breit noch bis zur Mindestmenge.
"Oh Mann!!", Mahtrok wandte sich ab und schaute auf den Außensichtmonitor. Mitleidlos starrte ihn das Auge der weit entfernten Sonne an. Sie warf scharfe Schatten auf der Oberfläche des Asteroiden. Die eisige Kälte hatte die an den gut getarnten Auslassventilen gelegentlich abgelassenenen Restabgase des versteckten Labors in kleinen Eisfeldern niederschlagen lassen. Man musste schon genau wissen, wo man hinsehen musste, um sie zu entdecken. Mahtrok wusste es. Schliesslich arbeitete er schon seit fast 5 Jahren bei der LiveSavers-Trading Company oder Lisa-Trading Company, wie in stolzen grünen Lettern auf deren Frachtcontainern zu lesen war.
Das Jobangebot hatte gut ausgesehen. Die Lisa-Trading Company hatte einen Chemielaboranten gesucht. Gehaltszahlung 50% über Tariflöhnen, ruhiger Arbeitsplatz, geregelte Arbeitszeiten - genau das, was Mahtrok nach der Abschlußprüfung an der Pharmakologischen Fakultät auf Caldari Prime vorgeschwebt hatte. Die erste Ernüchterung kam schnell. Beim Einstellungsgespräch wurde Mahtrok klar, warum Lisa so gut zahlte und was ein ruhiger Arbeitsplatz war: der Gründer von Lisa hatte im Gebiet der ehemaligen Sanshas Nation - fernab der normalen Flugrouten - einen verlassenen Industrieasteroiden für Neuralbooster mit angeschlossenem Geheimlabor gefunden und wieder in Betrieb genommen. Selbstverständlich fertigte die LiveSavers-Trading Company nach außen hin nur zugelassene Psychopharmaka - aber in einem versiegelten Labor- und Fertigungstrakt eben auch Neuralbooster.
Mahtrok schüttelte den Kopf über seine damalige Dummheit, einen 7-Jahresvertrag mit diesen Halsabschneidern abgeschlossen zu haben. Verglichen mit dem immensen Gewinn waren seine erhöhten Bezüge ein Witz, ganz abgesehen davon, dass Mahtrok als Kind miterleben musste, was die Einnahme der Booster aus seinem Bruder gemacht hatten. Er hätte es besser wissen müssen.
Und so hatte er sich entschlossen, aus dem selbstgewählten Gefängnis zu entfliehen. Außerdem sabotierte er - vorsichtig, um sich nicht zu enttarnen - gelegentlich Drogenlieferungen.
Er wartete nur auf eine Gelegenheit für Rache und Flucht ...
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Beruhigend wummerte der tiefe, sonore Ton der Antriebe durch das ganze Schiff, erfüllte jeden nicht besonders geräuschversiegelten Raum, jede Nische des Transporters. Legte man die Hand auf eine Strebe, konnte man das kraftvolle Vibrieren sogar fühlen.
JohnBe drehte seinen gepolsterten Sessel nach rechts, lehnte sich zurück und genoß die Aussicht, die die extra eingebaute Panorama-Scheibe seiner persönlichen Kabine bot. Ein herrlicher Blick auf die langsam zurückfallende Sterngruppe, die er verliess, etwas überhöht stehend das gleißende Tor von EVE und voraus eine paar einzeln stehende Systeme. Die "MERCATOR" durchflog Niemandsland. JohnBe nahm langsam einen Schluck aus dem schweren, silbernen Weinkelch, den er in der Hand hielt. Der Ring mit einem geschlifffenen Nocxium-Kristall an seiner linken Hand warf einen Blitzstrahl durch den Raum. JohnBe schloß die Augen. Leise Klänge eines gallentischen Oldies füllten den Raum.
Die Schall- und Schwingungsdämpfung der Kabine hatte ein Heidengeld gekostet, aber, JohnBe lächelte, das war es wert gewesen. Ein Gallenter weiss halt, was das Leben angenehm macht.
Ein melodischer Gong unterbrach ihn. "Ja," sagte JohnBe und drehte sich Richtung Interkom. Rhonda, seine ständige Begleiterin blickte ihn vom Monitor an. "John, wir erreichen jetzt Sanshas Nation. Es ist besser, wenn du nach vorne kommst."
"Ok, bin unterwegs," sagte JohnBe und stand auf. Das Bild auf dem Monitor erlosch.
"Wo ist die Eskorte", fragte JohnBe, kaum dass er die Zentrale betreten hatte. Rhonda wies auf das Radardisplay. "1000 hinter uns, John."
Ein grüner Punkt, leuchtete beruhigend im inneren Sektor der Radarmarkierungen.
"Comkanal öffnen" forderte JohnBe. Die von JohnBe freigekaufte Minmatar huschte mit den Fingern über die Tastatur, die schwach leuchtend vor ihr lag.
"Geschaltet", kam mit kurzer Verzögerung Rhondas Antwort.
"Hey,Steve - alter Kumpel, alles klar bei dir?"
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Der Transporter füllte fast ein Drittel des sichtbaren Weltraums aus. Steve hatte das Verfolgungsprogramm aktiviert und auf "nah" geschaltet. Der Bordcomputer nahm ihm die Mühe ab, ständig darauf zu achten, dass die Geschwindigkeitsanpassung stimmte und dass man nicht in den Triewerksstrahl des vorausfliegenden Schiffes geriet.
"Alles klar, John," rief Steve.
Er liess den Bordcomputer die Holos nacheinandere aufbauen: Radar - frei, Geschütze - aufmunitioniert, Raketen - startbereit in allen Schächten, ECM - vorgewärmt.
"Niemand auf dem Radar - wir können einfliegen."
"Ok, Steve, dann los," kam Johns Stimme über den Interkom.
Der Transporter drehte deutlich sichtbar auf den Asteroidengürtel der in Flugrichtung stehenden Sonne ein. Steve richtete sich etwas auf und ein Frösteln zog über seine Haut. Die Kapsel reagierte sofort und erhöhte die Temperatur der gallertartigen Bettungsmasse. Steve nahm es dankbar zur Kenntnis.
Er hatte den Kreuzer von seinem letzen Geld gebraucht gekauft und mit der kleinen Notbesatzung wieder auf Vordermann gebracht. Alle Systeme waren jetzt 100% in Ordnung, aber sein Konto war dafür 100% leer. Als auf dem Stationskanal ein gewisser JohnBe eine Eskorte gesucht und großzügige Bezahlung versprochen hatte, hatte Steve sofort zugeschlagen.
Das Flugziel Sanshas Nation bedeutete zumindest keinen großen Ärger mit Piraten, dafür sorgten die "Wahren Menschen" schon, aber sie waren unberechenbar. Wenn JohnBe und er selbst ein lohnendes Ziel wären, könnte ein Angriff erfolgen.
"Ähemm, Steve, da ist noch was," hörte er JohnBe, "wir werden vor dem Asteroiden frei fliegende Container aufgreifen."
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Der Anflug an den Asteroiden war problemlos verlaufen. Mit dem Eintritt in das ehemalige Gebiet von Sanshas Nation hatte JohnBe Alarmstufe Gelb ausgelöst. Alle Mann der Besatzung waren auf ihren Bereitschaftsposten, die Decks und Gänge wirkten verwaist.
"Entfernung 5.000", gab Rhonda durch. JohnBe beobachtete das Radar. Plötzlich blinkten Zwei, drei kleine Leuchtpunkte - gelb, nicht identifiziert. JohnBe richtete den Scanner ein. "Cargo" leuchtete auf dem Display auf und "illegal - drugs".
"Ja, ja", sagte JohnBe und "Pilot, neues Ziel - annähern an Cargo-Container, Geschwindigkeit angleichen und in Laderaum 2 bringen lassen."
Auf dem Direktsichtschirm waren die Container noch nicht zu sehen, aber das Radar zeigte deutlich die Annäherung an die gelben Blips. Der grüne Punkt von Steves Kreuzer folgte immer noch in gleichbleibendem Abstand. Scheinbar hatte der Pilot den Autopiloten eingeschaltet.
"Ich bin in Laderaum 2, die Container verstauen," rief John.
Auf dem Weg zum Laderaum grinste er. Alarmstufe gelb war nicht nur eine Vorsichtsmassnahme wegen der "Wahren Menschen", es musste auch nicht jeder sehen, was die "MERCATOR" da in ihren Laderaum einholte.
Durch eine Panzerglasscheibe sah JohnBe die Bergungsdrohnen in den Hangar zurückschweben. Sie transportierten drei kleine Tranportcontainer. Als wieder Atmosphäre im Laderaum war, öffnete JohnBe die inneren Tore und betätigte eine Zusatzschaltung. An drei Stellen schoben sich Boden bzw. Wandplatten zur Seite und offenbarten Nischen mit aktivierten, kleinen Scanstörern.
JohnBe griff nach der Steuerung des Laderoboters und aktivierte ein codewort geschütztes Programm, das die Maschine veranlassen würde, die Container in ihre Verstecke zu laden.
Doch soweit kam es nicht. Ein scharfes, metallisches Knacken ließ JohnBe zurückfahren. Das Ladegestänge des ersten Containers war beim Aufnehmen gebrochen. Zum Glück hatte der leichte Bordkran zur Masseverringerung ein gegenpoliges Schwerkraftfeld um den Container gelegt, was ihn an Ort und Stelle hielt.
"Stop" rief JohnBe dem Laderoboter - unsinnerweise - zu und hieb auf den Not-Aus-Knopf.
Kopfschüttelnd näherte er sich dem gerade geladenen Container und glaubte seinen Augen nicht zu trauen.
Jemand hatte sich an den Containern zu schaffen gemacht - nicht einfach im Vorbeigehen ein Graffitti hingesprüht, sondern fein säuberlich das Wort "Lisa" im grünen Logo "Lisa-Trading Company" mit einem dicken roten X ausgestrichen.
"Teufel auch..." fluchte JohnBe, "was ist denn hier los?"
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Das Flutlicht der Deckenstahler erhellte den einzigen Hangar des Asteroiden bis in den letzten Winkel. Die "MERCATOR" ruhte auf ihren zur Ladeposition absenkten Stützbeinen. Hektische Betriebsamkeit herrschte in der Umgebung des Schiffes. Die Laderoboter bewegten sich auf optimierten Transportwegen zwischen den an der Wand gestapelten Kisten mit dem unübersehbaren Logo für medizinisches Gut und den angewiesenen Stauräumen im Schiff hin und her.
Von der Besatzung war immer noch nichts zu sehen. Die Gefechtsbereitschaft war zwar aufgehoben, aber nun waren alle auf den Ladestationen.
JohnBe wusste die Ladetätigkeit bei seiner Begleiterin, der Minmatarin Rhonda in guten Händen. Als JohnBe das Schiff verliess, war das Kommando automatisch an sie übergegangen. JohnBe hatte die Schiffsführung dahingehend verändert. Anfangs hatten der Erste Offizier und der Pilot offenes Misstrauen gezeigt, aber JohnBe hatte der Minmatarin einen Platz an der Offizierschule der Handelmarine "besorgt" - Beziehungen muss man haben - und sie hatte leicht und scheinbar mühelos den Stoff bewältigt. Im Gegensatz zu den Feldsklaven hatte sie im Herrenhaus des Sklavenbesitzers arbeiten sollen und war entsprechend erzogen und unterrichtet worden. Fehlende Nachweise hatte JohnBe angefertigt - die Fertigkeit "Urkundenfälschung" hatte er von Anfang seiner Händlerlaufbahn an trainiert - und über Mittelsmänner eingeschleust.
JohnBe lächelte - er war jetzt 47 Jahre alt und mochte sich ein Leben ohne Rhonda nicht mehr vorstellen. Obwohl - manchmal wirkte sie schwermütig und gedankenverloren - wie die meisten Minmatar konnte sie selbst zwar frei sein, aber ihre Gedanken weilten immer wieder bei den versklavten Angehörigen. Ob sie schon mal mit dem Gedanken gespielt hatte, einen Sklaven zu befreien?
JohnBe schüttelte den Kopf, warf einen letzten Blick auf die arbeitenden Maschinen und machte sich auf den Weg zum Stationsleiter und Chef der LiveSavers-Trading Company.
Kurz vor dem Schott stieß er unbeabsichtigt mit dem Fuß gegen eine kleine Metallflasche und kickte sie dadurch zur Seite. Scheppernd flog die Farbsprühdose zur Seite. "Drecksladen", brummte JohnBe schüttelte nochmal den Kopf und ging weiter.
"Das gibts doch nicht", entfuhr es ihm plötzlich. Ruckartig blieb er stehen und schaute ein zweites Mal hin, "tatsächlich, rote Farbe - das wird doch nicht...". Er ging zu der Sprühdose und nahm sie mit einem Tuch auf.
"Das wird mir langsam zu heiss hier", murmelte er und beschleunigte seine Schritte Richtung Chefbüro.
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Hektisch wühlte Mahtrok in einer kleinen Kiste unter seiner hochgeklappten Schlafcouch. Seine linke Hand fuhr unter den Kragen der Kombination und lüftete ihn ein wenig.
"Das wird mir langsam zu heiss hier", murmelte er ,"verdammt, verdammt, ich habe die beschissene Dose verloren. Mahtrok, du Idiot, denk nach - wo ist die Dose."
Er ging zum Kühlfach an der Armaturenseite der Wohnwabe und nahm eine Quafe-Dose heraus. Langsam liess er das kühle Getränk durch die Kehle laufen, setzte ab und hielt sich die kalte Dose an die Stirn.
"Nachdenken ...", murmelte er, liess auf einen Stuhl fallen und überdachte die letzten Tage. Gestern mittag war der Firmenchef bei ihm gewesen und hatte einen neuen Transport angekündigt. Wie immer drei Container - unauffällige, normale Firmencontainer -, wie immer von einem bestochenen Erzfrachter nach dem Löschen der Ladung eine Stunde vor dem Eintreffen des Charterpiloten auf dessen Anflugroute ausgesetzt. Wie immer waren der Pilot und die zwei Mann Besatzung des kleinen Frachters in die Kantine gebeten worden und wie immer hatte der Pilot seinen Zugangsschlüssel für die Aussenfrachtbehälter an Mahtrok gegeben.
"Dann habe ich das dämliche "Lisa" durchgestrichen", grinste Mahtrok und dachte daran, dass er ausserdem bei einem Container einen halb-angebrochenen Bolzen in das Ladegeschirr geschoben hatte, nachdem er die Container verstaut hatte. Dann war er zum inneren Schott zurückgegangen und hatte den Öffnungscode eingegeben. Zuvor hatte er seine Werkzeugtasche abgesetzt, um die ID-Karte aus dem Overall zu nesteln.
Siedendheiß durchfuhr es Mahtrok - dabei musste die Sprühdose aus der Aussentasche gerutscht sein. Durch das Schleifen der Tore beim Öffnen hatte er nicht gehört, dass sie herausgerollt war.
Mahtrok sprang auf. "Scheisse, verdammt - jetzt haben sie mich", begriff er. Der Sicherheitschef hatte ihn - aber auch ander Angehörige des geheimen Labors - bereits mehrfach vorgeladen, nachdem im letzten Jahr in einigen Lieferungen der Neuralbooster einfache Tranquillizer aufgetaucht waren und auch die Graffittis mit dem ausge-x-ten Lisa zunahmen. Und in seinem Leichtsinn hatte er auch diesmal keine Handschuhe getragen, das wusste Mahtrok ganz sicher.
Mahtrok sah sich gehetzt um. Er musste sofort verschwinden - aber auf einem Asteroiden geht das nicht. Sein Blick fiel auf den Schirm mit den Stationsnachrichten.
"MERCATOR im Hangar - noch 00:30:00" stand dort.
Mahtrok zog scharf die Luft ein - der Frachtpilot, das war die einzige Chance sofort zu verschwinden. Ein letzter Blick über das Zimmer, dann trat Mahtrok auf den Gang. Niemand zu sehen.
Mahtrok ging mit schnellen Schritten die paar Meter zu seinem Laborraum. Hinter sich verriegelte er die Tür. An der gegenüberliegenden Wand klopfte er rhythmisch auf eine Metallplatte, die sich in Augenhöhe befand. Der akustisch/haptische Sensor registrierte das Klopfen und öffnete den Zugang zu einer verborgenen Mannschleuse zum Hangar. Alle Kontrollen grün - Aussenschleuse geschlossen und Atmosphäre, registrierte Mahtrok und öffnete die Schleuse.
Betriebsame Roboter, der Transporter mitten im Hangar, der Lademeister - im seinem Büro oberhalb der inneren Schleusentore -, das waren Mahtroks Soforteindrücke.
Mit zwei schnellen Sätzen stand er in Sichtdeckung hinter einem Stapel medizinischer Container. Mahtrok sondierte noch einmal - vollautomatischer Beladevorgang, und seufzte erleichtert auf.
Ein Laderoboter wieselte heran, nahm zwei Container auf und rollte - jetzt im Schritttempo - in Richtung der "MERCATOR". Mahtrok ging auf der dem inneren Hangartor abgewandten Seite in gleichem Tempo neben dem Laderoboter.
20 Meter - ein endloser Weg. Mahtrok spürte, wie ihm der Schweiss ausbrach. Die Container waren mindestens eine Handbreit über dem Boden, musste der Lademeister nicht seine Schuhe sehen? Warum konnte er nicht schweben?
10 Meter - Mahtrok zog den Kopf ein, machte sich noch kleiner und unterdrückte den Impuls einfach loszulaufen.
2 Meter - Mahtrok setzte zum Sprung in die offene Schleuse neben der Ladeluke an, die der Roboter ansteuerte. Da krampfte sich sein Magen zusammen. Eine Kamerasonde schwebte lautlos im tiefen Schatten der nach oben geklappten Mannschleuse. Das blauschimmernde Objektiv hatte ihn fixiert.
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"Dieses Mal erwischen wir ihn." Der Sicherheitschef der LiveSavers-Trading Company stand neben dem Firmenleiter in dessen Büro und reichte JohnBe die Hand. "Vielen Dank für Ihre Mitarbeit." Und an den Boss gewandt "15 Minuten Sir, dann wissen wir, wer ist es - ich bin im Labor."
JohnBe fühlte sich unwohl. Ausnahmsweise hatte er einen Transport leichter Drogen übernommen - und ausgerechnet diesmal schon bei Beginn des Auftrages Ärger am Hals.
Er schaute auf die Uhr.
"Ich muss wieder los," wandte er sich an den Leiter der LiveSavers-Trading Company und verabschiedete sich. Tief im Inneren wünschte er ihm die Pest an den Hals. Warum hatte man ihm nicht früher gesagt, dass die Transporte der Company immer wieder sabotiert worden waren?
Auf dem Weg zum Hangar meldete sich der Vibrationsalarm seines Komgerätes. JohnBe nahm das Gerät vom Gürtel. Rhonda sah ihn mit ihren dunklen Augen an: "John, komm sofort zurück." Bevor eine Frage stellen konnte, drehte sie das Objektiv und er sah einen Mann im Hintergrund der Zentrale stehen, daneben zwei Mann der Besatzung, die ihn offensichtlich bewachten.
In JohnBe schrillten alle Alarmglocken.
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Mahtrok musste sich zwingen, seine Gedanken zusammenzuhalten. Er war einer offensichtlich freien Minmatar und einem gallentischen Händler auf gut Glück ausgeliefert. Der Händler schien keine guten Geschäfte auszulassen, erstens war er hier und hatte irgendwo im Schiff die Drogen versteckt, zweitens war seine Ausrüstung - soweit Mahtrok das abschätzen konnte - nicht gerade notdürftig zu nennen und drittens - der Gang zur Zentrale und die Zentrale selbst waren - verbotenerweise - mit irgendeinem schrittdämpfenden Teppichmaterial ausgelegt.
"Warum soll ich dich nicht rauswerfen," wandte sich JohnBe an ihn. Er sass mit der Minmatar Mahtrok am Kartentisch gegenüber. Die Wachen standen, bereit zum Eingreifen, hinter Mahtrok. "Schnell, sags schon. In 5 Minuten brauch ich eine Antwort für den Sicherheitsdienst."
Mahtrok registrierte, dass die Minmatar zusammenzuckte. Ein Chance? Hatte sie ihre traumatische Jugnd nicht verwunden? Wie war die beste Strategie? Geld für den Händler und eine Schauergeschichte über die Laboratorien und Versuchsserien am lebenden Objekt für die Minmatar? Was hatte er zu bieten? Was ...? Mahtrok, denk nach ... ruhig!
"Rhonda - Komkanal zum Sicherheitsdienst", sagte JohnBe und stand auf. Mahtrok kam nicht hoch, sofort lagen die Hände der Wachen auf seinen Schultern.
Aber Rhonda legte eine Hand auf JohnBe´s Arm. "John, warte. Ich habe ihn die ganze Zeit beobachtet. Und seit er hier ist, fühle ich ihn. Er hat eine positive Aura." Sie wandte sich an Mahtrok. "Ich ... wir ... geben ihnen eine Chance. Sagen Sie, warum Sie hier weg wollen."
JohnBe zögerte und sah erneut auf die Uhr.
"Also - ich höre."
Und Mahtrok fing an. Nach wenigen Worten hatte er sich gefangen. Er breitete vor John einen Jugendtraum aus. Während der Ausbildung hatte er sich mit der Verträglichkeitsforschung bei Implantaten befasst und Kontakte zu Bergleuten geknüpft, die ihm seltene Edelmetalle für seine Versuchsreihen mit verschiedensten Legierungen zur Verfügung gestellt hatten. Zwei Fundstellen hatte er sogar selbst aufgesucht.
"Und ein Patent habe ich damals an Kaalakiota verkaufen können," sagte er.
JohnBe trommelte mit den Fingern auf den Kartentisch.
"Einen verhinderten Bergmann und Chemiker haben wir da. Und einen Samariter, der keine Drogen herstellen möchte. Und einen Saboteur, der aus seinem Vertrag mit der Firma möchte und lauter Mist anstellt."
JohnBe sah Rhonda an. Die lächelte. "Und wir haben einen braven Händler, der Drogen transportiert und das lieber heute als morgen aufgeben möchte."
"Und eine Pleitefirma von Eskorte kurvt draussen herum," ergänzte JohnBe.
Mahtrok atmete tief durch und sagte:"Mister Be - wenn wir hier raus sind, tragen wir bei CONCORD eine neue Firma ein. Ich besorge die Rohstoffe und mach was draus, sie verkaufen das Zeugs und ihr Freund da draussen passt auf Piraten auf."
JohnBe sah Rhonda an. Die Minmatar nickte. "Ich kenne ein paar Leute, die uns helfen werden, John."
JohnBe sah zu Mahtrok. "Gut, Mister Sabotage-Samariter. Wir machen, dass wir hier wegkommen - dann sehen wir weiter." Ein schneller Blick auf den Schirm zeigte, dass zwei Mann der Stationswache den Hangar betraten und zielsstrebig aufs Schiff zugingen. Die Beladung war abgeschlossen, die Laderoboter standen in der Bereitschaftszone.
"Rhonda, die Sicherheit abwimmeln. Die wissen inzwischen, dass unser Freund fehlt. KomKanal zu Eskorte .... Steve - pass auf, wir kommen raus - und wir habens eilig."
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Mahtrok und JohnBe sassen in JohnBe´s Privatkabine auf der "MERCATOR". Steve, der seinen Kreuzer selbst pilotierte, war über eine Konferenzschaltung zu seiner Kapsel zugeschaltet.
"Bei LiveSavers solltest du nicht mehr nach einem Auftrag fragen, John" sagte Steve. "Die werden dir eine saftige Rechnung über einige zerdepperte Kampfdrohnen schicken. Von mir bekommst du übrigens auch eine. Zwei Kampfsätze Raketen habe ich verbraten und ein Schildgenerator ist hin."
"Wir werden diese Ladung verkaufen und den Gewinn teilen," sagte JohnBe in Richtung Aufnahmeoptik. "Und Mahtrok kann seine Booster verkaufen, die im Laderaum sind."
Mahtrok sah JohnBe an. "Darf ich Rhonda einen Befehl erteilen?" JohnBe nickte.
"Rhonda, hier ist Mahtrok," sagte der caldarische Forscher, "werfen Sie die Konterbande aus dem Schiff."
JohnBe fuhr auf. "Mahtrok, das sind ... ein paar Millionen. Verdammt, es sind Booster, aber die Millionen..."
"John - vergiss den Scheiß. Wir machen eine neue Firma auf. Absolut legal, auf jeden Fall keine Drogen und keine Sklaven. Also Rhonda - raus damit."
JohnBe seufzte und liess sich in den Polstersessel zurücksinken. "Oh Mann," stöhnte er.
"Ich sehe es jetzt," sagte Steve,"deine Roboter schieben die Kisten raus und stossen sie ab. Nett - Booster im Formationsflug. Gleich kommen die Kisten bei euch vorbei."
"Ausgeführt", kam Rhondas Rapport.
Steve meldete sich noch einmal.
"Also, hab ich das jetzt richtig kapiert. Wir machen eine eigene Firma auf. Gallenter, Caldari und Minmatar haben wir schon in der Mannschaft. Ich baue eine Abteilung für die Kämpfer aus, Mahtrok besorgt Bergleute und betreibt Forschung und du John, baust eine Transport- und Vertriebskette auf. Aber ... wie soll die Firma heißen? Habt ihr euch das schon Mal überlegt?"
JohnBe schaute aus dem Fenster. Langsam trieben die drei Drogencontainer am Panoramefenster vorbei, die grüne Beschriftung deutlich lesbar:
Lisa-Trading-Company und das rote X über dem Lisa ...
Mahtrok lachte: "Schaut hin, an den Containern steht´s schon... unsere erste Fracht fliegt in die Sonne..."
X-Trading-Company ...
© Johannes Zumbansen
aka: JohnBe (2001-2007)